Lisa - eine Freundin - brauchte dringend Geld. Sie erzählte
mir folgende Geschichte, die sie selbst erlebt hatte.
Als ihre Arbeitsstelle nach langjähriger Mitarbeit
gestrichen wurde (Sparmaßnahmen), wurde Lisa plötzlich von Existenzangst
gepackt. Die Eigentumswohnung war noch nicht ausbezahlt, die Raten für den
Kredit mussten pünktlich überwiesen werden. Sie musste also so schnell wie
möglich einen neuen Job (oder einen reichen Mann?) finden, wenn sie ihr Leben
ohne größere Engpässe weiterführen wollte. Lisa dachte: ich habe keinen Job und
einen reichen Mann habe ich auch nicht. Laut Gesetz der Anziehung (sie wusste
recht gut darüber Bescheid) haben beide Optionen die gleiche Wahrscheinlichkeit
um in Erfüllung zu gehen. Sie hatte also die Wahl, sie musste sich nur für eine
der Möglichkeiten entscheiden. Sie fragte sich selbst: woran kann sie eher
glauben?
Ob sie in relativ kurzer Zeit einen neue Arbeit oder einen
reichen Mann bekommt? Die Möglichkeit einer neuen Arbeitsstelle kam ihr nahe
liegender, selbstverständlicher vor, nachdem sie erfahrungsgemäß bis jetzt
immer einen Job gefunden und auch bekommen hatte. Ihr Verstand sagte ihr: ja,
wähle den Job, du wirst schon einen wieder bekommen! Bis jetzt hast du es doch
auch immer geschafft! Das ist sicher! Entscheide dich für einen Job!
Als sie dann auch die andere Option - einen reichen Mann zu
bekommen - abwog, bekam sie gemischte Gefühle. Ob das nun klappen würde? Wo
soll sie jetzt auf die schnelle einen adäquaten Mann mit möglichst viel Geld
kennen lernen? Sie kannte sich in solchen Kreisen sowieso nicht aus. Und dass
so ein jemand mal auf der Straße direkt vor ihrer Nase vom Himmel fallen
würde.... na ja.... das konnte sie sich einfach nicht vorstellen, sie konnte
nicht daran glauben, dass so etwas überhaupt geschehen könnte.
Ihr Verstand sagte: Du meine Güte, Lisa... Menschenskind...
mach dich doch nicht lächerlich! Was glaubst du wer du bist - hahahaha! Cameron
Diaz vielleicht oder was? Erstens hattest du noch nie etwas mit solchen Leuten
zu tun, geschweige denn einen solchen Mann kennen gelernt! Jetzt wache mal
wieder auf! Und aussehen tust du auch nicht wie Cameron Diaz & Co.! Du hast
doch keine Chance, Mädchen - siehe das doch ein. Freilich, du bist ganz hübsch
und auch intelligent aber so eine Erfahrung hattest du noch nie gemacht. Es war
bis jetzt nicht und es wird auch in Zukunft nicht sein. Da tappst du völlig im
Dunkeln - vergiss es! Wähle die Jobmöglichkeit - da kennst du dich schon besser
aus!
Nun, leider hatte Lisa das "Bitte nicht stören-Schild"
bei der Hand um ihren unentwegt plappernden Verstand auszuschalten. Er hat sie
mit voller Wucht überrumpelt, so konnte sie sich das mit dem reichen Mann nicht
mal ansatzweise vorstellen und überlegen. Sie konnte kein neues "Drehbuch" für ihr Leben "schreiben", nur eines, das sie
bereits auswendig kannte. Eines, in dem ohne viel Pipapo und Fantasie eine zwar
neue aber gewöhnliche Arbeitsstelle die Hauptrolle spielte. Wieder irgendein
Bürojob, das ihr nicht die Erfüllung bringt - sie sah es schon vor ihren geistigen
Augen. Tja, so ist das Leben... so muss es wohl sein... sie braucht eben das
Geld um ihre Ausgaben zu decken. So wie Millionen andere Menschen auch. Sie
kriegt schon wieder einen Job, davon war sie überzeugt. Bis jetzt hatte es doch
auch immer geklappt. Na also! Das ist realistisch, das ist bodenständig! Das
ist sicher!
Anderseits... die Vorstellung, einen wohlhabenden Mann zu
haben ist auch ganz angenehm - überlegte Lisa weiter. Nie wieder Geldsorgen...
na ja... das wär´ was! Tja, aber er müsste auch halbwegs gut aussehend sein,
passend zu ihrem Alter und ihrer Statur, nett, lieb, zärtlich sollte er sein,
rücksichtsvoll, respektvoll, ein Frauenversteher sozusagen. Er sollte nicht
allzu viele Macken haben, gerade nur so viele, dass sie damit leben kann. Er
sollte ähnliche Interessen und Hobbies haben wie sie - ja, das wäre auch noch
wünschenswert. Ach ja, und er sollte treu sein - das wäre ganz wichtig! So....
jetzt aber... ist das alles, oder kommt da noch was? Haaaalloooo Lisa... geht´s
noch? Nie und nimmer gibt es so einen Mann für mich! Wo sollte ich ihn finden -
den gibt es doch gar nicht! Und auch wenn, ich lerne ihn bestimmt nicht kennen
- wie denn auch? Freilich wäre es ganz toll, aber reiß dich mal zusammen -
vergiss es! Lisa!
Als Lisa mit ihrem Selbstgespräch an diesem Punkt angelangt
war, hätte sie ihren Verstand am liebsten auf der Stelle erwürgt. Dass der
immer der Gescheitere sein muss! Dass der immer so viel dazwischen plappern
muss - furchtbar! Wenn es helfen würde die Ohren einfach zuzuhalten um das
Gequatsche nicht mehr hören zu müssen, dann hätte sie es schon längst getan.
Aber es geht nicht - die Stimme des
Verstandes kommt aus ihrem Inneren und es gibt auch keine Stop-Taste auf ihren
Kopf um sie abzuschalten. So ein Mist!
Also gut... dann eben einen neuen Job suchen... Als sie am
nächsten Morgen aufwacht, kann sie sich ganz klar an ihren Traum erinnern.
Nein, nein... sie hat keinen reichen Mann kennen gelernt (noch nicht) - sie
hatte etwas anderes, etwas Eigenartiges geträumt. Es war ein schöner
Herbstnachmittag, als sie einen gemütlichen Spaziergang in einem nahe gelegenen
Wald machte. Lisa genoss die lauwarmen Sonnenstrahlen und die Farbenpracht der
Bäume. Mit Widerwillen dachte sie an den bevorstehenden Winter - sie mochte die
Kälte und den Schnee nicht. Irgendwann kam sie zu einer Lichtung, zu einer
wunderschönen grünen Wiese. Sie blieb kurz stehen und sah sich um. Kein Mensch
weit und breit. Die herrliche Stille hatte eine beruhigende Wirkung, die Sonne
wärmte ihr Gesicht - es war so angenehm! Lisa schloss ihre Augen, sie wollte
diesen Augenblick so lange wie möglich genießen. Sie dachte an nichts, sie
stand nur da und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Sie fühlte sich
entspannt, die Wärme durchströmte ihr Körper. Sie hielt ihre Augen noch
geschlossen, als sie eine leichte Berührung an ihrer Wange spürte. Als wäre eine
Feder vom Himmel gefallen und hätte ihre Wange gestreift. Sie war noch am
Überlegen woher diese zarte Berührung kommen könnte, als es wieder geschah. Sie
hielt ihre Augen noch immer geschlossen - jetzt erst recht traute sie sich
nicht ihre Augen zu öffnen. Es ist doch so angenehm, dachte sie. Die warmen
Sonnenstrahlen, die gut duftende Wiese und diese zarte Briese im Gesicht. Sie
wünschte, dieser Zustand würde noch länger andauern. Plötzlich fühlte sie immer
mehr zarte Berührungen an ihrem Gesicht, sie konnte sich nun beim besten Willen
nicht vorstellen was das gewesen sein konnte. Lisa beschloss, einen kurzen
Augenaufschlag zu riskieren. Sie blinzelte in die Sonne, sie war geblendet. Sie
konnte nichts sehen und dachte, dass es nicht regnen konnte, da ihr Gesicht
trocken war. Was war es dann?
Sie blickte zum Boden und erschrak. Um sie herum lagen
bereits viele Euroscheine auf der grünen Wiese. Aber nur dort, wo sie für diese
Paar Minuten stehen blieb um die Sonnenstrahlen zu genießen. Sie stellte
aufgeregt fest, dass es sehr wohl regnete - es war ein Geldregen! Der Regen
hörte nicht auf, so blickte sie gen Himmel. Er war strahlend blau und Lisa
suchte instinktiv nach einem Spalt oder einer Öffnung (und der Himmel tat sich
auf... - hatte sie mal gelesen). Aber sie konnte nichts dergleichen entdecken.
Die Geldscheine fielen einfach vom blauen Himmel herab! Sie war so perplex, sie
konnte sich nicht mal bewegen. Sie sah nur zu, wie immer mehr bunte Scheine um
sie herum herabfielen. Es war unbegreiflich, aber es war so real, sie konnte
das leise Rascheln des Papiers hören. Sie weiß nicht, wie lange sie dastand,
wie im Trance. Irgendwann kam ihr die Idee, die Geldscheine auf der Wiese
einzusammeln - das Geld konnte sie ja echt gebrauchen. Sie wollte sich gerade
Ruckartig bücken, als sie ein rumpelndes Geräusch hörte. Autsch! Was.... wie...
oh Mist! Plötzlich lag sie am Boden und es wurde ihr bewusst, dass sie aus
ihrem Bett gefallen ist! Sie musste noch einen Augenblick dort liegen bleiben
bis sie wirklich realisiert hatte, dass sie nicht auf der Wiese lag - dort hätte sich bestimmt
nicht so hart aufgeschlagen - und dass es auch keine Geldscheine um sie herum
gestreut lagen. Sie sah sogar unter ihrem Bett nach - aber leider nichts. Nicht
mal ein Fünfer. Ach ja, dachte Lisa, es wäre auch zu schön gewesen.... aber es war trotzdem so real!
Natürlich konnte sie nachher nicht mehr einschlafen - dieser
Traum ließ sie nicht mehr los. Was hatte das alles zu bedeuten, fragte sie sich
noch Stunden später. Aber dann, nächste Nacht wiederholte sich der Traum. Und
so ging es noch 5 Nächte weiter. Allerdings fiel Lisa nicht jedes Mal aus ihrem
Bett - es wäre ja ziemlich ungemütlich gewesen. Obwohl sie sogar das in Kauf
genommen hätte. Nein, sie wachte in den anderen Fällen immer ganz normal am
Frühmorgen auf - allerdings ohne Geldscheine im Bett oder am Parkettboden ihres
Schlafzimmers.
Zwei Tage später, als die Träume aufgehört hatten (schade,
denn Lisa hatte sie sich schon daran
gewöhnt) kam sie spätnachmittags (es war schon dunkel) von einem
Vorstellungsgespräch nach Hause, in der Hoffnung, dass sie bald eine Zusage für
diesen Job bekommen würde. Als sie die Hauseingangstüre aufsperren wollte,
hörte sie ein leises, wehleidiges "Miau". Lisa blickte hinunter und
sah eine recht große, dunkelgraue Katze, die zusammengekauert auf der Stufe
lag. Sie bückte sich um sich die Katze mal genauer anzuschauen. Als Lisa sie am
Kopf streichelte, fing die Katze an zu schnurren und blickte Lisa mit großen,
bernsteinfarbenen Augen an. Sie sah etwas verschreckt aus und suchte Lisas
Nähe. Lisa überlegte auch schon fieberhaft, wem dieses schöne Exemplar gehören
könnte. Aber sie kannte niemanden in ihrem Wohnhaus, der so eine Katze besitzen
würde.
Kurz entschlossen nahm sie die Katze in ihre Wohnung mit.
Lisa hatte Katzen immer schon gern gemocht. Früher, als sie noch klein war,
hatten sie immer zumindest eine Katze im Haus. So war es für Lisa nur
selbstverständlich und normal, dass sie jetzt auch dieser Katze Obhut gewährt.
Bis nächsten Morgen kann sie sich ja noch überlegen, was sie mit ihr machen
sollte. Im Tierheim wollte sie sie jedoch nicht abgeben - dann soll sie lieber
bei ihr bleiben! Die Katze tat ihr leid, sie musste sie sich verlaufen haben.
Lisa ging noch einmal schnell hinunter um etwas Katzenfutter aus dem Supermarkt
zu holen.
Am nächsten Morgen ging Lisa - wie jeden Tag - in die benachbarte
Bäckerei um frische Semmeln (Brötchen) einzukaufen. Als sie hineinging, hörte
sie, wie ein älterer Herr mit der Verkäuferin sprach. Lisa bekam noch gerade
die letzten Worte mit. Der Kunde wollte wissen, ob er irgendwelche Zettel auf
die Theke hinlegen dürfte, damit die Leute sich bei ihm melden können. Ja, gut,
das geht schon in Ordnung, sagte Edith, die Verkäuferin. Der alte Herr bedankte
sich und verließ das Geschäft.
Während Lisa ihre Semmeln bezahlt, warf sie einen kurzen
Blick auf den kleinen Stapel Blätter, die der alte Herr auf der Theke deponiert
hatte. Es waren bedruckte A5-Seiten mit einer kurzen Beschreibung und einem Bild
von... einer KATZE... nanu! Weiters standen der Name des Besitzers und eine
Telefonnummer... und zur Überraschung Lisas auch noch eine Geldsumme, als
Finderlohn auf dem Blatt. Wie bitte? 2.500 Euro Finderlohn?? Diese Katze muss
dem Besitzer wirklich sehr am Herzen liegen! Instinktiv steckte Lisa einen der
Zettel in ihre Jackentasche und eilte aus der Bäckerei. Sie sah sich auf der
Straße um aber den alten Herrn konnte
sie nicht mehr entdecken. Na ja, auch gut... dann ruft sie ihn eben von zu
Hause an. Sie möchte schließlich keine Katze kidnappen. Lisa fand es sogar
schade, dass der Zufall dazwischengefunkt hatte, sie hätte die schöne
Rassekatze (sie recherchierte bereits im Internet!) gerne bei sich behalten. Anderseits wollte sie nicht,
dass ihr Besitzer traurig ist, weil er die
Katze verloren hat. Nein, so etwas bringt Lisa doch nicht zusammen, sie
ist viel zu gutherzig und hat Mitgefühl für ihre Mitmenschen.
Am Nachmittag tippte Lisa die angegebene Telefonnummer in
Ihr Handy und insgeheim hoffte sie, dass niemand abheben würde. Aber nach
fünfmal Leuten meldete sich eine Männerstimme mit dem gleichen Namen, der auf
dem Zettel stand. Sie erzählte ihm, wie sie die Katze gefunden hatte und sie
vereinbarten dass der alte Herr in einer Stunde seine Katze bei Lisa abholen
würde.
Nun genoss sie die verbleibende Zeit mit Schnucki der Katze.
So hieß sie nämlich. Sie kuschelte sich an Lisa und ließ sich von ihr ewig
lange streicheln. Pünktlich um 19 Uhr klingelte es dann an Lisas Tür. Sie
begrüßte den alten Herrn und fünf Minuten später war die Geschichte zu Ende.
Herr Breiting war außer sich vor Freude, als er seine Katze wieder in den
Händen hatte und sie fest an sich drücken konnte. Die Katze stammt tatsächlich
von einer recht seltenen Rasse und besitzt auch einen Stammbaum. So eine
außergewöhnliche Katze lässt man doch nicht so einfach davonlaufen, meinte Herr
Breiting. Er überreichte Lisa einen Umschlag mit dem Finderlohn und bat sie
ganz herzlich bei Gelegenheit bei ihm auf einen Kaffee vorbeizuschauen und auch
Schnucki zu besuchen. Herr Breiting wohnt mit seiner Tochter in der nahe
gelegenen Einfamilienhaussiedlung. Dann ging er wieder fort und nahm die Katze
mit.
Lisa stand noch eine Weile vor der offenen Wohnungstür, mit
dem Umschlag in der Hand. Sie war einfach nur sprachlos und echt verwundert,
wie sie so leicht und mühelos, binnen zwei Tagen 2.500 Euro verdienen konnte.
Für diese Summe muss sie normalerweise zwei Monate lang ihr Bürojob machen!
Toll! Erst nachdem sie diese Tatsache realisiert hatte, konnte sie sich so
richtig darüber freuen. Wenn es bloß immer so leicht wäre Geld zu verdienen!
Oder sollte sie sich als "Katzenfinderin" selbstständig machen?
Zuerst war sie nicht froh darüber, dass der Zufall ihr die schöne Katze
buchstäblich vor ihrer Tür gesetzt hatte, aber nachträglich wurde ihr die Sache
klar. Der Geldregen im Traum - zwar ohne Katze - aber schlussendlich war es
Schnucki die Katze, die den Geldregen für Lisa ausgelöst hatte. Tja, der
Einfallsreichtum des Universums kennt eben keine Grenzen! Und Zufälle gibt es
sowieso nicht – dieses Ereignis war wieder einmal die Bestätigung dafür.
Tja, wenn das mit dem neuen Job auch so superleicht klappt,
dann wäre das Glück perfekt und der reiche Mann kann bleiben, wo der Pfeffer
wächst...! Obwohl... na ja... so schlecht wär´s ja auch wieder nicht... wer
weiß... wie auch immer... es kommt wie es kommt - aber alles wird gut! - führte
Lisa ihren Gedankengang zu Ende.
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