18. Dezember 2011

Als es Geld regnete...




Lisa - eine Freundin - brauchte dringend Geld. Sie erzählte mir folgende Geschichte, die sie selbst erlebt hatte.

Als ihre Arbeitsstelle nach langjähriger Mitarbeit gestrichen wurde (Sparmaßnahmen), wurde Lisa plötzlich von Existenzangst gepackt. Die Eigentumswohnung war noch nicht ausbezahlt, die Raten für den Kredit mussten pünktlich überwiesen werden. Sie musste also so schnell wie möglich einen neuen Job (oder einen reichen Mann?) finden, wenn sie ihr Leben ohne größere Engpässe weiterführen wollte. Lisa dachte: ich habe keinen Job und einen reichen Mann habe ich auch nicht. Laut Gesetz der Anziehung (sie wusste recht gut darüber Bescheid) haben beide Optionen die gleiche Wahrscheinlichkeit um in Erfüllung zu gehen. Sie hatte also die Wahl, sie musste sich nur für eine der Möglichkeiten entscheiden. Sie fragte sich selbst: woran kann sie eher glauben?

Ob sie in relativ kurzer Zeit einen neue Arbeit oder einen reichen Mann bekommt? Die Möglichkeit einer neuen Arbeitsstelle kam ihr nahe liegender, selbstverständlicher vor, nachdem sie erfahrungsgemäß bis jetzt immer einen Job gefunden und auch bekommen hatte. Ihr Verstand sagte ihr: ja, wähle den Job, du wirst schon einen wieder bekommen! Bis jetzt hast du es doch auch immer geschafft! Das ist sicher! Entscheide dich für einen Job!

Als sie dann auch die andere Option - einen reichen Mann zu bekommen - abwog, bekam sie gemischte Gefühle. Ob das nun klappen würde? Wo soll sie jetzt auf die schnelle einen adäquaten Mann mit möglichst viel Geld kennen lernen? Sie kannte sich in solchen Kreisen sowieso nicht aus. Und dass so ein jemand mal auf der Straße direkt vor ihrer Nase vom Himmel fallen würde.... na ja.... das konnte sie sich einfach nicht vorstellen, sie konnte nicht daran glauben, dass so etwas überhaupt geschehen könnte.


Ihr Verstand sagte: Du meine Güte, Lisa... Menschenskind... mach dich doch nicht lächerlich! Was glaubst du wer du bist - hahahaha! Cameron Diaz vielleicht oder was? Erstens hattest du noch nie etwas mit solchen Leuten zu tun, geschweige denn einen solchen Mann kennen gelernt! Jetzt wache mal wieder auf! Und aussehen tust du auch nicht wie Cameron Diaz & Co.! Du hast doch keine Chance, Mädchen - siehe das doch ein. Freilich, du bist ganz hübsch und auch intelligent aber so eine Erfahrung hattest du noch nie gemacht. Es war bis jetzt nicht und es wird auch in Zukunft nicht sein. Da tappst du völlig im Dunkeln - vergiss es! Wähle die Jobmöglichkeit - da kennst du dich schon besser aus!

Nun, leider hatte Lisa das "Bitte nicht stören-Schild" bei der Hand um ihren unentwegt plappernden Verstand auszuschalten. Er hat sie mit voller Wucht überrumpelt, so konnte sie sich das mit dem reichen Mann nicht mal ansatzweise vorstellen und überlegen. Sie konnte kein neues "Drehbuch" für ihr Leben "schreiben", nur eines, das sie bereits auswendig kannte. Eines, in dem ohne viel Pipapo und Fantasie eine zwar neue aber gewöhnliche Arbeitsstelle die Hauptrolle spielte. Wieder irgendein Bürojob, das ihr nicht die Erfüllung bringt - sie sah es schon vor ihren geistigen Augen. Tja, so ist das Leben... so muss es wohl sein... sie braucht eben das Geld um ihre Ausgaben zu decken. So wie Millionen andere Menschen auch. Sie kriegt schon wieder einen Job, davon war sie überzeugt. Bis jetzt hatte es doch auch immer geklappt. Na also! Das ist realistisch, das ist bodenständig! Das ist sicher!

Anderseits... die Vorstellung, einen wohlhabenden Mann zu haben ist auch ganz angenehm - überlegte Lisa weiter. Nie wieder Geldsorgen... na ja... das wär´ was! Tja, aber er müsste auch halbwegs gut aussehend sein, passend zu ihrem Alter und ihrer Statur, nett, lieb, zärtlich sollte er sein, rücksichtsvoll, respektvoll, ein Frauenversteher sozusagen. Er sollte nicht allzu viele Macken haben, gerade nur so viele, dass sie damit leben kann. Er sollte ähnliche Interessen und Hobbies haben wie sie - ja, das wäre auch noch wünschenswert. Ach ja, und er sollte treu sein - das wäre ganz wichtig! So.... jetzt aber... ist das alles, oder kommt da noch was? Haaaalloooo Lisa... geht´s noch? Nie und nimmer gibt es so einen Mann für mich! Wo sollte ich ihn finden - den gibt es doch gar nicht! Und auch wenn, ich lerne ihn bestimmt nicht kennen - wie denn auch? Freilich wäre es ganz toll, aber reiß dich mal zusammen - vergiss es! Lisa!

Als Lisa mit ihrem Selbstgespräch an diesem Punkt angelangt war, hätte sie ihren Verstand am liebsten auf der Stelle erwürgt. Dass der immer der Gescheitere sein muss! Dass der immer so viel dazwischen plappern muss - furchtbar! Wenn es helfen würde die Ohren einfach zuzuhalten um das Gequatsche nicht mehr hören zu müssen, dann hätte sie es schon längst getan. Aber es geht  nicht - die Stimme des Verstandes kommt aus ihrem Inneren und es gibt auch keine Stop-Taste auf ihren Kopf um sie abzuschalten. So ein Mist!

Also gut... dann eben einen neuen Job suchen... Als sie am nächsten Morgen aufwacht, kann sie sich ganz klar an ihren Traum erinnern. Nein, nein... sie hat keinen reichen Mann kennen gelernt (noch nicht) - sie hatte etwas anderes, etwas Eigenartiges geträumt. Es war ein schöner Herbstnachmittag, als sie einen gemütlichen Spaziergang in einem nahe gelegenen Wald machte. Lisa genoss die lauwarmen Sonnenstrahlen und die Farbenpracht der Bäume. Mit Widerwillen dachte sie an den bevorstehenden Winter - sie mochte die Kälte und den Schnee nicht. Irgendwann kam sie zu einer Lichtung, zu einer wunderschönen grünen Wiese. Sie blieb kurz stehen und sah sich um. Kein Mensch weit und breit. Die herrliche Stille hatte eine beruhigende Wirkung, die Sonne wärmte ihr Gesicht - es war so angenehm! Lisa schloss ihre Augen, sie wollte diesen Augenblick so lange wie möglich genießen. Sie dachte an nichts, sie stand nur da und hielt ihr Gesicht der Sonne entgegen. Sie fühlte sich entspannt, die Wärme durchströmte ihr Körper. Sie hielt ihre Augen noch geschlossen, als sie eine leichte Berührung an ihrer Wange spürte. Als wäre eine Feder vom Himmel gefallen und hätte ihre Wange gestreift. Sie war noch am Überlegen woher diese zarte Berührung kommen könnte, als es wieder geschah. Sie hielt ihre Augen noch immer geschlossen - jetzt erst recht traute sie sich nicht ihre Augen zu öffnen. Es ist doch so angenehm, dachte sie. Die warmen Sonnenstrahlen, die gut duftende Wiese und diese zarte Briese im Gesicht. Sie wünschte, dieser Zustand würde noch länger andauern. Plötzlich fühlte sie immer mehr zarte Berührungen an ihrem Gesicht, sie konnte sich nun beim besten Willen nicht vorstellen was das gewesen sein konnte. Lisa beschloss, einen kurzen Augenaufschlag zu riskieren. Sie blinzelte in die Sonne, sie war geblendet. Sie konnte nichts sehen und dachte, dass es nicht regnen konnte, da ihr Gesicht trocken war. Was war es dann?

Sie blickte zum Boden und erschrak. Um sie herum lagen bereits viele Euroscheine auf der grünen Wiese. Aber nur dort, wo sie für diese Paar Minuten stehen blieb um die Sonnenstrahlen zu genießen. Sie stellte aufgeregt fest, dass es sehr wohl regnete - es war ein Geldregen! Der Regen hörte nicht auf, so blickte sie gen Himmel. Er war strahlend blau und Lisa suchte instinktiv nach einem Spalt oder einer Öffnung (und der Himmel tat sich auf... - hatte sie mal gelesen). Aber sie konnte nichts dergleichen entdecken. Die Geldscheine fielen einfach vom blauen Himmel herab! Sie war so perplex, sie konnte sich nicht mal bewegen. Sie sah nur zu, wie immer mehr bunte Scheine um sie herum herabfielen. Es war unbegreiflich, aber es war so real, sie konnte das leise Rascheln des Papiers hören. Sie weiß nicht, wie lange sie dastand, wie im Trance. Irgendwann kam ihr die Idee, die Geldscheine auf der Wiese einzusammeln - das Geld konnte sie ja echt gebrauchen. Sie wollte sich gerade Ruckartig bücken, als sie ein rumpelndes Geräusch hörte. Autsch! Was.... wie... oh Mist! Plötzlich lag sie am Boden und es wurde ihr bewusst, dass sie aus ihrem Bett gefallen ist! Sie musste noch einen Augenblick dort liegen bleiben bis sie wirklich realisiert hatte, dass sie nicht  auf der Wiese lag - dort hätte sich bestimmt nicht so hart aufgeschlagen - und dass es auch keine Geldscheine um sie herum gestreut lagen. Sie sah sogar unter ihrem Bett nach - aber leider nichts. Nicht mal ein Fünfer. Ach ja, dachte Lisa, es wäre auch zu schön gewesen....  aber es war trotzdem so real!

Natürlich konnte sie nachher nicht mehr einschlafen - dieser Traum ließ sie nicht mehr los. Was hatte das alles zu bedeuten, fragte sie sich noch Stunden später. Aber dann, nächste Nacht wiederholte sich der Traum. Und so ging es noch 5 Nächte weiter. Allerdings fiel Lisa nicht jedes Mal aus ihrem Bett - es wäre ja ziemlich ungemütlich gewesen. Obwohl sie sogar das in Kauf genommen hätte. Nein, sie wachte in den anderen Fällen immer ganz normal am Frühmorgen auf - allerdings ohne Geldscheine im Bett oder am Parkettboden ihres Schlafzimmers.

Zwei Tage später, als die Träume aufgehört hatten (schade, denn Lisa hatte sie sich schon daran  gewöhnt) kam sie spätnachmittags (es war schon dunkel) von einem Vorstellungsgespräch nach Hause, in der Hoffnung, dass sie bald eine Zusage für diesen Job bekommen würde. Als sie die Hauseingangstüre aufsperren wollte, hörte sie ein leises, wehleidiges "Miau". Lisa blickte hinunter und sah eine recht große, dunkelgraue Katze, die zusammengekauert auf der Stufe lag. Sie bückte sich um sich die Katze mal genauer anzuschauen. Als Lisa sie am Kopf streichelte, fing die Katze an zu schnurren und blickte Lisa mit großen, bernsteinfarbenen Augen an. Sie sah etwas verschreckt aus und suchte Lisas Nähe. Lisa überlegte auch schon fieberhaft, wem dieses schöne Exemplar gehören könnte. Aber sie kannte niemanden in ihrem Wohnhaus, der so eine Katze besitzen würde.

Kurz entschlossen nahm sie die Katze in ihre Wohnung mit. Lisa hatte Katzen immer schon gern gemocht. Früher, als sie noch klein war, hatten sie immer zumindest eine Katze im Haus. So war es für Lisa nur selbstverständlich und normal, dass sie jetzt auch dieser Katze Obhut gewährt. Bis nächsten Morgen kann sie sich ja noch überlegen, was sie mit ihr machen sollte. Im Tierheim wollte sie sie jedoch nicht abgeben - dann soll sie lieber bei ihr bleiben! Die Katze tat ihr leid, sie musste sie sich verlaufen haben. Lisa ging noch einmal schnell hinunter um etwas Katzenfutter aus dem Supermarkt zu holen.

Am nächsten Morgen ging Lisa - wie jeden Tag - in die benachbarte Bäckerei um frische Semmeln (Brötchen) einzukaufen. Als sie hineinging, hörte sie, wie ein älterer Herr mit der Verkäuferin sprach. Lisa bekam noch gerade die letzten Worte mit. Der Kunde wollte wissen, ob er irgendwelche Zettel auf die Theke hinlegen dürfte, damit die Leute sich bei ihm melden können. Ja, gut, das geht schon in Ordnung, sagte Edith, die Verkäuferin. Der alte Herr bedankte sich und verließ das Geschäft.

Während Lisa ihre Semmeln bezahlt, warf sie einen kurzen Blick auf den kleinen Stapel Blätter, die der alte Herr auf der Theke deponiert hatte. Es waren bedruckte A5-Seiten mit einer kurzen Beschreibung und einem Bild von... einer KATZE... nanu! Weiters standen der Name des Besitzers und eine Telefonnummer... und zur Überraschung Lisas auch noch eine Geldsumme, als Finderlohn auf dem Blatt. Wie bitte? 2.500 Euro Finderlohn?? Diese Katze muss dem Besitzer wirklich sehr am Herzen liegen! Instinktiv steckte Lisa einen der Zettel in ihre Jackentasche und eilte aus der Bäckerei. Sie sah sich auf der Straße um  aber den alten Herrn konnte sie nicht mehr entdecken. Na ja, auch gut... dann ruft sie ihn eben von zu Hause an. Sie möchte schließlich keine Katze kidnappen. Lisa fand es sogar schade, dass der Zufall dazwischengefunkt hatte, sie hätte die schöne Rassekatze (sie recherchierte bereits im Internet!) gerne bei  sich behalten. Anderseits wollte sie nicht, dass ihr Besitzer traurig ist, weil er die  Katze verloren hat. Nein, so etwas bringt Lisa doch nicht zusammen, sie ist viel zu gutherzig und hat Mitgefühl für ihre Mitmenschen.

Am Nachmittag tippte Lisa die angegebene Telefonnummer in Ihr Handy und insgeheim hoffte sie, dass niemand abheben würde. Aber nach fünfmal Leuten meldete sich eine Männerstimme mit dem gleichen Namen, der auf dem Zettel stand. Sie erzählte ihm, wie sie die Katze gefunden hatte und sie vereinbarten dass der alte Herr in einer Stunde seine Katze bei Lisa abholen würde.

Nun genoss sie die verbleibende Zeit mit Schnucki der Katze. So hieß sie nämlich. Sie kuschelte sich an Lisa und ließ sich von ihr ewig lange streicheln. Pünktlich um 19 Uhr klingelte es dann an Lisas Tür. Sie begrüßte den alten Herrn und fünf Minuten später war die Geschichte zu Ende. Herr Breiting war außer sich vor Freude, als er seine Katze wieder in den Händen hatte und sie fest an sich drücken konnte. Die Katze stammt tatsächlich von einer recht seltenen Rasse und besitzt auch einen Stammbaum. So eine außergewöhnliche Katze lässt man doch nicht so einfach davonlaufen, meinte Herr Breiting. Er überreichte Lisa einen Umschlag mit dem Finderlohn und bat sie ganz herzlich bei Gelegenheit bei ihm auf einen Kaffee vorbeizuschauen und auch Schnucki zu besuchen. Herr Breiting wohnt mit seiner Tochter in der nahe gelegenen Einfamilienhaussiedlung. Dann ging er wieder fort und nahm die Katze mit.

Lisa stand noch eine Weile vor der offenen Wohnungstür, mit dem Umschlag in der Hand. Sie war einfach nur sprachlos und echt verwundert, wie sie so leicht und mühelos, binnen zwei Tagen 2.500 Euro verdienen konnte. Für diese Summe muss sie normalerweise zwei Monate lang ihr Bürojob machen! Toll! Erst nachdem sie diese Tatsache realisiert hatte, konnte sie sich so richtig darüber freuen. Wenn es bloß immer so leicht wäre Geld zu verdienen! Oder sollte sie sich als "Katzenfinderin" selbstständig machen? Zuerst war sie nicht froh darüber, dass der Zufall ihr die schöne Katze buchstäblich vor ihrer Tür gesetzt hatte, aber nachträglich wurde ihr die Sache klar. Der Geldregen im Traum - zwar ohne Katze - aber schlussendlich war es Schnucki die Katze, die den Geldregen für Lisa ausgelöst hatte. Tja, der Einfallsreichtum des Universums kennt eben keine Grenzen! Und Zufälle gibt es sowieso nicht – dieses Ereignis war wieder einmal die Bestätigung dafür.

Tja, wenn das mit dem neuen Job auch so superleicht klappt, dann wäre das Glück perfekt und der reiche Mann kann bleiben, wo der Pfeffer wächst...! Obwohl... na ja... so schlecht wär´s ja auch wieder nicht... wer weiß... wie auch immer... es kommt wie es kommt - aber alles wird gut! - führte Lisa ihren Gedankengang zu Ende.

..
.
Copyright © Sunelly Sims
.
schreibend leben ...
Wünsch Dir was!
Schreib-Box
..
..